Arizona Trail Bericht – Teil 2: Von Saguaro-Wäldern, Hitze und Höhenmetern

von Weg als Ziel

Der Arizona Trail (AZT) ist ein episches Abenteuer, das Wanderer mit seinen extremen Bedingungen und atemberaubenden Landschaften herausfordert. Nach einem gelungenen Einstieg in den Trail, den ich hier in Teil 1 meiner Serie zusammengefasst habe, führen mich die nächsten Etappen durch gnadenlose Hitze, spektakuläre Landschaften und durch dichte Bestände an haushohen Saguaro-Kakteen. Hier mein Bericht über die Tage 6 bis 12 auf dem Arizona Trail.

Hier findest du übrigens die offizielle Karte und das Höhenprofil des AZT.

Hier findest du meine 5,1 kg Packliste und meine Ausrüstung die ich auf meiner Tour am Arizona Trail (AZT) dabei hatte. Vielleicht sind auch für dich ein paar interessante Gegenstände fürs leichte Packen auf deiner nächsten Tour enthalten.

Tag 6 – Saguaro Nationalpark (36 km / 236 km ges.)

Der Tag beginnt wie gewohnt früh. Die ersten Kilometer verlaufen flach, doch schon am Morgen brennt die Sonne erbarmungslos. Heute führt der Trail in den Saguaro-Nationalpark, bekannt für die gigantischen Saguaro-Kakteen, die überall am Wegesrand stehen. Teils haushohe Kakteen, wie man sie aus klassischen Wildwestszenarien kennt. Daneben komme ich mir winzig vor. Immer wieder versuche ich die Dimension der Saguaros auf einem Selfie einzufangen. Die Ausmaße der Kakteen und des Arizona Trails im Allgemeinen, lassen sich allerdings nicht auf Fotos festhalten. Sogar Vögel nisten in kleinen Höhlen in den massiven Stämmen der Saguaros. Ein beeindruckendes Bild.

Die Hitze ist wird immer unerträglicher. Das Thermometer eines anderen Wanderers misst 120° Fahrenheit (ca. 49° Celsius) in der Sonne. In der sengenden Hitze bin ich unaufmerksam, verpasse eine Abzweigung und laufe versehentlich 2 km in die falsche Richtung. Die unschöne Wegführung auf einer Schotterpiste macht mich stutzig und lässt mich meinen Fehler bemerken. Zurück auf dem Trail geht es steil bergauf Richtung Mica Mountain (2.642 m). Die Quellen auf dem Aufstieg sind fast alle versiegt, der extrem trockene Winter hat seine Spuren hinterlassen. Drei Liter Wasser im Rucksack sollen mich vor der Dehydration bewahren. Aufgrund der Hitze, Exposition und des gnadenlosen Aufstiegs an einem Südhang, brauche ich jeden Schluck.

Nach 1000 Höhenmetern im Anstieg mache ich eine ausgedehnte Pause im Schatten – vier Stunden lang. So lange habe ich noch nie pausiert. Die Hitze ist brutal. Immerhin bin ich nicht der einzige Wanderer, dem die Hitze zusetzt und am Grass Shack Campground suchen auch andere Schutz im spärlichen Schatten. Gegen 17 Uhr nehme ich die restlichen 800 Höhenmeter in Angriff. Der Aufstieg ist ob der Hitze weiterhin anstrengend. Am Ende des Tages ist mein Hemd von Salzkruste weiß, oben auf knapp 2.400 Metern wird es nach Sonnenuntergang sofort kalt. Ich hole meine Trinkflaschen und den Wasserfilter* ins Zelt, damit sie nicht gefrieren. Der AZT bleibt abwechslungsreich – und gnadenlos.

Der AZT führt durch folgende zwei Nationalparks:

  • Saguaro National Park (Ostseite)

    • In der Nähe von Tucson, im südlichen Abschnitt des Trails.

    • Der AZT verläuft hier durch die Rincon Mountains.

  • Grand Canyon National Park

    • Dies ist der wichtigste und bekannteste Nationalpark auf dem AZT.

    • Der Trail führt direkt durch den Grand Canyon, inklusive:

      • Abstieg über den South Kaibab Trail

      • Überquerung des Colorado Rivers

      • Aufstieg über den North Kaibab Trail

    • Die Passage durch den Canyon ist einer der spektakulärsten Abschnitte des gesamten Trails.

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Tipp: Der Arizona Trail ist ein staubiger und sandiger Trail. Die Tidy Gaiters Trail Gamaschen sind speziell auf Weitwanderungen ein unverzichtbarer Ausrüstungsgegenstand in meiner Packliste. Diese Gamaschen hindern Sand und anderen Schmutz davor, in den Schuh einzudrinderungen. Das macht das Wandern angenehmer.

Tag 7 – Von Mica Mountain zum Molino Basin (45 km / 281 km ges.)

Nach dem anstrengenden Tag zuvor hoffe ich auf einen gemütlichen Abstieg. In der Kühle des frühen Morgens geht es bergab und bald habe ich den Saguaro Nationalpark auch wieder verlassen. Davor gibt es einige spektakuläre Aussichten. Von der „Sky Island“ rund um Mica Mountain hat man einen fast unendlichen Weitblick auf den Wüstenboden im Tal. Der Weg bergab ist aber anspruchsvoller als erwartet. Bald brennt auch wieder die Sonne auf mich herab, Schatten ist Mangelware. Ich schleppe 4,5 Liter Wasser mit mir, um für die nächsten 30 km gewappnet zu sein.

An einem Wasser-Cache finde ich glücklicherweise etwas Wasser vor – ein Segen. Die Wasser-Caches werden üblicherweise von Trail Angels gewartet und mit Trinkwasserkanistern befüllt. Einige Wasser-Caches sind abgeschieden und schlecht per Auto zu erreichen und werden dadurch nur unregelmäßig befüllt. In den heißen Monaten, wenn sich viele Wanderer an diesen Wasser-Caches bedienen, können volle Caches auch schnell leer sein. Man hat also nie eine Garantie, dass diese Wasser-Caches auch tatsächlich mit Wasser bestückt sind. Es ist also klug, sich nicht zu 100% auf diese Wasser-Caches zu verlassen. Im Falle das sie Wasser für mich bereithalten, erachte ich sie als netten Bonus. Elektrolyte, wie z.B. jene von Hydraid*, nehme ich den ganzen Tag über in Pulverform zu mir. An heißen Tagen wie diesen umso mehr.

Ich sehe den ganzen Tag über kaum andere Wanderer. Ein junger Brite liegt im Schatten am Wegesrand. In dieser Hitze hat jeder zu kämpfen. Irgendwann sehe und höre ich einen Helikopter am Himmel. Immer wieder kreist er vor mir. Ich ahne schlechtes.

Gegen 15 Uhr folgt ein weiterer kurzer, aber steiler Anstieg, der mich fast aus der Bahn wirft. Das kenne ich so nicht von mir aber nach vielen Stunden in der Sonne geht mir langsam die Energie aus. Doch ich erreiche einen weiteren Wasser-Cache, der kurz vor meiner Ankunft aufgefüllt wurde. Ich schöpfe frisches Wasser, trinke, um meinen Durst zu stillen und mache eine einstündige Pause am Molino Basin Campground. Am Campground erfahre ich von einigen anderen Thruhikern, dass nur kurz vor meiner Ankunft eine ältere Arizona Trail Section Hikerin evakuiert wurde und per Rettung ins Spital gebracht wurde. Einige Tage später erfahre ich auch, dass „Boots Scoots“ an diesem Tag stark zu kämpfen hatte und ihre Wanderung frühzeitig am Molino Basin abgebrochen hat. Eigentlich wollte sie noch einen Tag weiter gehen, um ihren Section Hike dort zu beenden. Ich realisiere, dass der AZT kein Pardon kennt, auch nicht vor erfahrenen Thruhikern. Ich bin jedenfalls gewarnt und plane den Rest meiner Wanderung sehr vorausschauend mit der Hitze Arizonas umzugehen. Ausreichend Wasser schleppen, nicht mit Elektrolyten* geizen, Pausen im Schatten machen wenn es notwendig wird und mich nicht überbeanspruchen.

Am Abend wandere ich noch weiter, bis die Dunkelheit hereinbricht. Es geht einige Kilometer in die Pusch Ridge Wilderness. Die Szenerie ändert sich hier wieder einmal schlagartig, von hügeliger Graslandschaft zu canyonartigen Schluchten.

Wasserversorgung:
Einer der größten Herausforderungen auf dem Arizona Trail ist das Wassermanagement. Viele Abschnitte des Trails sind extrem trocken, und Wanderer müssen sich auf Wasser-Caches und Quellen verlassen, die manchmal sehr weit auseinanderliegen. In manchen Abschnitten gibt es bis zu 40 Kilometer Strecken ohne Wasserquelle. Dies ist besonders kritisch in den heißen Monaten.

Die Qualität vieler Wasserquellen am AZT ist unterdurchschnittlich bis schlecht. Wichtig sind ein zuverlässiger Wasserfilter und/oder eine chemische Methode zur Wasserentkeimung.

Leichte und portable Wasserfilter die sich für den AZT eignen sind z.B.:

Tabletten als Ergänzung und/oder Backup:

Tag 8 – Aufstieg Richtung Mt. Lemmon/Summerhaven (35 km / 316 km ges.)

Heute steht mit dem Aufstieg Richtung Mount Lemmon (2.795 m) die dritte „Sky Island“, nach Mount Miller und Mount Mica, im Süden des Arizona Trails auf dem Programm. Knapp 1900 Höhenmeter gilt es zu überwinden. Die Hitze ist auch heute ständiger Begleiter.

Je höher ich steige, desto mehr verändert sich die Landschaft. Granitfelsen, Kiefern und kleine Rinnsale erinnern mich an die kalifornische High Desert in der Sierra Nevada. Am Nachmittag erreiche ich Summerhaven, eine kleine Ortschaft und touristisches Ausflugsziel ganz oben am Berg. Hier treffe ich viele Ausflügler und Tageswanderer aber auch andere Thruhiker – langsam schließe ich zur „Bubble“ auf. Die meisten Thruhiker hatten ein früheres Startdatum als ich und sind deshalb bereits viel weiter nördlich als ich.

In typischer Thruhikermanier halten sich die anderen Wanderer dort auf wo es wichtige Services für sie gibt: im Schatten auf der Terrasse des General Stores, in der Nähe öffentlicher Toiletten und bei frei zugänglichen Steckdosen. Ich geselle mich zu einer Gruppe, die am General Store verweilt. Im General Store verpflege ich mich, hänge danach etwas herum, um mich auszuruhen und mich mit anderen auszutauschen. Um 17 Uhr geht es weiter. Eine kleine Gruppe Thruhiker bricht auf und ich schließe mich mehr oder weniger an. Der Abstieg ist ebenso steil wie der Aufstieg, doch ich erreiche irgendwann einen flachen Spot und schlage mein Lager auf. Einige der anderen Hiker übernachten ebenfalls an diesem Spot. So viel soziale Interaktion hatte ich schon länger nicht mehr.

Was sind „Sky Islands“?

Der Begriff bezeichnet isolierte, hochgelegene Gebirgszüge, die wie Inseln aus der umgebenden heißen, trockenen Wüstenlandschaft „herausragen“. Diese Berge sind von niedrigeren, trockenen Gebieten (v.a. der Sonora- und Chihuahua-Wüste) umgeben – vergleichbar mit einem Archipel in einem „Meer“ aus Wüste.

  • Die Sky Islands machen den südlichen Teil des AZT besonders abwechslungsreich und anspruchsvoll.

  • Wanderer erleben dort in kurzer Zeit extreme Klima- und Vegetationswechsel.

  • Diese Berge bieten außerdem Rückzugsräume für viele Tierarten, die sonst in der Wüste nicht überleben könnten.

Tag 9 – Oracle (34 km / 350 km ges.)

Um 4 Uhr morgens werde ich von anderen Hikern geweckt und beschließe, ebenfalls früh zu starten. Prompt nehme ich im Dunkeln eine falsche Abzweigung und mache mal wieder Zusatzkilometer.  Bevor es wieder heiß wird, bringe ich den einzigen größeren Anstieg des Tages noch vor Sonnenaufgang hinter mich. Danach folgt ein steiler Abstieg über eine schotterige Dirt Road. Mühsam und langsam geht es bergab. Der lose Schotter unter meinen Füßen rutscht immer wieder spontan ab und hochkonzentriert versuche ich Stürze zu vermeiden. Trotz des langsamen Abstiegs schaffe ich fast „20 by noon“ – 20 Meilen (32 Kilometer) vor Mittag. Am Wüstenboden angekommen sehe ich einige Geier. Auf aussichtsreichen Felsformationen überblicken sie die Ebene und warten spähen vermutlich nach verendenden Tieren. Mich gibt es nicht zum Frühstück, ich schaffe es wohlbehalten an einen Highway und versuche, per Anhalter nach Oracle zu kommen. Doch die Autos sind zu schnell, der Pull-Out-Platz nicht ideal. Nach 20 Minuten gebe ich auf und rufe meinen Trail Angel und Gastgeberin für heute Nacht an, die mich abholt. Der Asphalt am Highway glüht und meine Wasserflaschen sind mittlerweile leer, ich möchte also einfach so schnell wie möglich aus der Hitze raus.

Die Familie meiner Gastgeberin betreibt einen kleinen Hiker Heaven namens Resting Oak und hat zwei RV-Trailer im Garten stehen. Für 25 US-Dollar pro Nacht können Hiker in den RV-Trailern übernachten. Ich Teile mir einen Trailer mit dem Hiker „Green Bean“. An diesem Ort gibt es Dusche, Wasser und Waschmaschine – ein wahrer Luxus nach 9 Tagen akkumuliertem Salz und Schmutz. In Oracle gönne ich mir ein richtiges Mittagessen und gehe auf Resupply-Tour, um Verpflegung für die nächsten 60 Meilen (100 Kilometer) zu kaufen. Der Wetterbericht sagt für die kommenden Tage etwas kühlere Temperaturen voraus – perfektes Timing, steht doch einer der heißesten Abschnitte am Arizona Trail bevor.

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Tipp: Selbst am Arizona Trail kann es regnen und schneien. Ultraleichte Rucksack Liner gibt es in zwei Größen. Sie halten deine Ausrüstung trocken und schützen empfindliche Gegenstände auf deinen Wanderungen zuverlässig vor Regen oder dem Staub und Schmutz der Wüste.

Tag 10 – Kakteenwälder und Klapperschlangen: 46 km / 396 km gesamt

„Green Bean“ und ich werden am Morgen von unserem Trail Angel wieder am Trail abgesetzt. Der Himmel ist teils bewölkt, ein leichter Wind weht – Bedingungen, die diesen Tag um einiges erträglicher machen.

Schatten bleibt trotzdem ein seltener Luxus. Die Strecke führt durch eine geradezu surreale Landschaft: mehr Kakteen als je zuvor, teilweise marschieren wir durch richtige Kakteenwälder. Ich kann kaum glauben, wie viele unterschiedliche Arten es hier gibt – von stacheligen kleinen Kugeln bis zu drei Meter hohen Riesen.

Und dann ist es so weit – endlich sehe ich meine erste Klapperschlange auf dem AZT. Quer über den Trail liegt sie ausgestreckt, vollkommen ruhig. Kein Rasseln, keine Bewegung. Die perfekte Tarnung in dieser staubigen Umgebung. Ich gehe vorsichtig einen großen Bogen und lasse sie in Ruhe. Zwar durfte ich bereits auf anderen Trails Bekanntschaft mit Klapperschlangen machen, trotzdem begleitet mich noch eine Weile ein Mix aus Respekt und Staunen.

Im Laufe des Tages passiere ich zwei große Wassertanks: Der erste gefüllt mit giftig grünem Wasser, in dem sogar Fische schwimmen. Der Zugang ist rustikal – man muss eine Leiter erklimmen und mit einem Seil ein Gefäß in den Tank lassen um Wasser zu schöpfen. Einige Kilometer später treffe ich auf den zweiten Tank, und der überrascht: kristallklares, kühles Wasser sprudelt aus einer Leitung. Eine Oase mitten in der Wüste.

Gegen Abend wird das Gelände trostlos. Die letzten Kilometer des Tages führen durch eine ausgebrannte, beinahe tote Landschaft. Hier hat offenbar vor einiger Zeit ein Feuer gewütet, das alles Leben aus der ohnehin schon kargen Vegetation gezogen hat. Ich tue mich schwer, einen geeigneten Platz fürs Nachtlager zu finden.

Schließlich bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Zelt an einer staubigen, unschönen Stelle direkt neben einer Dirt Road aufzuschlagen. Bisher waren meine Campspots fast durchgehend landschaftlich spektakulär – heute müssen ästhetische Gründe den rein praktischen weichen.

Wilde Tiere am AZT:
Mit etwas Glück trifft man am AZT auf eine Vielzahl von Wildtieren. Zu ihnen gehören:

    • Klapperschlangen
    • Kojoten
    • Wüstenschildkröten
    • Gila-Krustenechsen
    • Elche und Mule Deer (besonders im nördlichen Teil)
    • Bären und Pumas (obwohl sie selten zu sehen sind)

Tag 11 – Regenwasserkollektoren und Einsamkeit (49 km / 445 km ges.)

Auf dem AZT habe ich innerhalb weniger Tage eine große Bandbreite unterschiedlicher Wasserquellen kennengelernt. Auf normalen Touren zapfe ich mein Wasser für gewöhnlich aus Brunnen oder entnehme sie Bächen und Rinnsalen. Hier in Arizona fühle ich mich wie ein Entdecker unterschiedlichster, teils bizarrer, Wasserquellen. Heute steht ein weiteres Highlight meiner bisherigen „Wasserforschung“ in der Wüste an: Ich inspiziere einen der wenigen Regenwasserkollektoren am Arizona Trail. Ein riesiger Tank sammelt hier das rare Regenwasser, das über einen Hahn entnommen werden kann – ein kleiner Luxus in dieser trockenen Gegend. Am Arizona Trail gibt es zwei solcher Regenwasserkollektoren, welche von der Arizona Trail Association (ATA) in besonders trockenen Abschnitten installiert wurden.

Im Laufe des Tages komme ich außerdem an zwei halb unterirdischen Zisternen vorbei, später noch an einem blauen 200-Liter-Fass, das etwas Regenwasser speichert. Offenes Oberflächenwasser? Fehlanzeige. In diesem Abschnitt existiert derzeit schlicht keines.

Ansonsten verläuft der Tag recht ruhig – ich lege erstmals einen 30+ Meilen-Tag (knapp 50 km) hin. Trotz Wolkendecke ist es so warm, dass mein Kopf gegen Nachmittag spürbar glüht und der Druck im Inneren ansteigt. Ich sehe heute keine anderen Hiker, dafür umso mehr Hasen und Kaninchen.

Ein Blick in ein Trailregister am Wegesrand zeigt mir aber, dass eine Gruppe von rund zehn Thruhikern nur ein, zwei Tagesetappen vor mir liegt. Heute campe ich auf einem kleinen Hügel in der Nähe eines Highways – morgen will ich früh in die nächste Stadt zum Resupply.

Tag 12 – Kearny und der Gila River (35 km / 480 km ges.)

Eigentlich wollte ich die vergangene Nacht unter freiem Himmel schlafen. Doch ein paar überraschende Regentropfen aus bedrohlichen Wolken haben mich doch, kurz vor dem Schlafen gehen, ins Zelt getrieben.

Am Morgen krieche ich früh aus meinem Quilt, um nach Kearny zu hitchhiken. Der örtliche Supermarkt öffnet um 7:00 Uhr, ich bin etwas früher dort. Zum Frühstück gibt es zwei Breakfast Burritos und einen Liter Gatorade. Dann geht’s direkt ans Einkaufen. Essen für rund 1,5 Tage – effizient und nicht überladen. Das erste Auto, das mich an der Ortsausfahrt passiert, bringt mich auch gleich zurück zum Trail.

Mein Abstecher nach Kearney kostet trotz meiner Effizienz Zeit und der Start zurück in die Wüste erfolgt später als es ideal wäre. Eigentlich spekuliere ich heute mit einem halbwegs gemütlichen Tag. Der AZT folgt in diesem Abschnitt dem Gila River, einem der größten Flüsse in Arizona. Aus einer gemütlichen Flußwanderung wird aber nichts. Zwar schlängelt sich das braun dahinfließende Band des Gila Rivers durch ein bewachsenes, ebenes Tal, ich bewege mich aber meist in der gnadenlosen Sonne auf der Südflanke des Canyons oberhalb. Im Tal gäbe es Schatten, doch der Weg bleibt unbarmherzig exponiert.

Gleichzeitig passiert man am Gila River den tiefsten Punkt des Arizona Trails auf rund 500 Meter über dem Meer. In dieser tiefen Lage ist es deutlich heißer als in größeren Höhenlagen.

Ich unterschätze all diese Faktor, es wird ein brutaler Hitzetag. Ich trinke heute unglaubliche 8,5 Liter Wasser und nehme 6 Portionen Elektrolyte* zu mir – und trotzdem bleibt der Durst ständiger Begleiter.

Dabei ignoriere ich auch die zahlreichen Kommentare anderer Wanderer, wonach das Wasser des Gila Rivers mit dem Norovirus kontaminiert wäre. Ich zweifle etwas an der Glaubwürdigkeit der Geschichte und dass dieser große Wasserkörper vollständig mit dem Norovirus infiziert sein soll. Trotzdem gehe ich kein Risiko ein. Ich brauche Wasser und muss trinken. Ich filtere die braune Brühe des Gila Rivers durch einen Vorfilter bestehend aus Damensöckchen*, danach presse ich das vorgefilterte Wasser durch meinen Quickdraw Wasserfilter*, ehe ich mit Chlordioxid* auf Nummer sicher gehe. Vermutlich wird die Noro Epidemie die aktuell in diesem Trailabschnitt unter Hikern grassiert anders übertragen. Das Wasser des Gila Rivers ist aber auch ohne Virenbelastung von so fragwürdiger Qualität, dass ich ohnehin alle Geschütze der Wasserentkeimung aufgefahren hätte.

Während des Tages mache ich zwei längere Pausen – notwendig bei dieser drückenden Hitze. Am Nachmittag erreiche ich dann den tiefsten Punkt des Arizona Trails: 500 Meter über dem Meer.

Gegen Abend raffe ich mich noch zu einem größeren Anstieg auf. Wasser muss ich wieder für die Nacht mittragen – 4,5 Liter auf dem Rücken. Im Sonnenuntergang geht es einen spektakulären Canyon hinauf. Die Atmosphäre und die Landschaft entschädigen für die Strapazen des Tages. Heute kam ich nur schleppend voran. Aber der Wetterbericht kündigt eine Kaltfront an – nach Tagen in der Hitze eine willkommene Aussicht.

Fazit der Tage 6-12 am Arizona Trail

Nach einem gelungenen Einstieg in den Trail, den ich hier in Teil 1 meiner Serie zusammengefasst habe, geht es abenteuerlich weiter.

Die Tage 6 bis 12 auf dem Arizona Trail waren geprägt von Hitze, Wasserknappheit, grandiosen Ausblicken und vielen kleinen Abenteuern am Wegesrand.

Der Süden Arizonas hält was er verspricht. Mir offenbart sich eine abwechslungsreiche aber auch gnadenlose Wüstenlandschaft. Es geht über die Höhen der Sky Islands und durch den Saguaro Nationalpark, den ersten von zwei Nationalparks entlang des AZT. Am Gila River erreiche ich den tiefsten Punkt des Trails.

Die Sonora Wüste in Arizona bleibt ein erbarmungsloses, aber faszinierendes Ökosystem – und ich bin gespannt, was der Trail als Nächstes für mich bereithält.

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