Immer mitten in die Fresse rein

von Weg als Ziel

Wie meinen „Die Ärzte“ in ihrem Schunder-Song so schön: „Immer mitten in die Fresse rein“. Einer der bekanntesten deutschsprachigen Refrains aller Zeiten beschreibt meine letzte Befundbesprechung passender als jedes intellektuelle Zitat.

Widerruf

Vergesst meinen letzten Beitrag. Hiermit widerrufe ich das Ende meiner Chemotherapie. Bumm, bäng. Linke Faust, rechte Faust. Eben direkt in meine Fresse rein.

Aber ganz langsam. Vor einigen Tagen war die Befundbesprechung zur Rückenmarkpunktion nach meinem vermeintlich letzten Chemozyklus angesetzt. Dabei sollte geklärt werden ob die Chemotherapie erfolgreich war und der Krebs nicht mehr in meinem Knochenmark nachgewiesen werden kann. Für mich ein freudiger Termin der hoffentlich das erfolgreiche Ende meiner Chemotherapie bestätigen sollte. Während des Gesprächs klärte mich ein Arzt über die zufriedenstellenden Ergebnisse der Punktion auf. Lediglich die MRD-Werte und somit die genauesten Analysen sind noch ausständig. Ich rechnete damit das man mir die Werte telefonisch mitteilt sobald diese verfügbar sind. Doch was ich dann vernehme fühlt sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Ein sehr heftiger. Einer der übelsten Sorte.

Ein Tritt in die Eier

So plötzlich wie sie endete, begann sie auch wieder, meine Chemotherapie. Wie aus dem nichts vernehme ich wie mir mitgeteilt wird, dass nächste Woche meine vierte Konsolidierungsphase beginnen soll. „Vierte Konsolidierung?“, gemeint ist wohl die Nachsorge und Rehabilitation vermute ich grübelnd. Pammm… ein Tritt direkt in die Eier. Nein, ich habe richtig gehört. Die vierte und somit letzte Konsolidierungstherapie steht mir bevor.

What the fuck is going on?

Mir zieht es den Boden unter den Füßen weg. Ich fühle mich an den Schock meiner Erstdiagnose erinnert. Plötzlich sind sie wieder da. Die Bilder in meinem Kopf. Die Erinnerungen der letzten Monate. Die einzelnen Phasen eines jeden Zyklus, die möglichen Komplikationen. Nochmals soll ich sie durchleben. Eigentlich hatte ich damit abgeschlossen. Mein Geist hat die Bilder bereits ausgeblendet, Großteils vergessen. Ich habe mich nach vorne orientiert.

Ich grüble, ich gehe in mich. Ich erinnere mich an keinen Augenblick in dem von vier Konsolidierungszyklen die Rede war. Eine Induktionsphase gefolgt von drei Konsolidierungen. Dieses Muster hat sich in meinen Kopf gebrannt. Ich zweifle an mir selbst, an meinem Verstand. Ich erinnere mich an nichts gegenteiliges. Die Zahl Vier ist niemals gefallen. Zumindest wurde sie mir nie kommuniziert. Hat die Chemotherapie mein Hirn geschädigt? Ich habe das Ende meiner Chemotherapie (scheinbar zu frühzeitig) kommuniziert. In meinem persönlichen Blog, genau auf dieser Webseite auf der du dich gerade befindest. Im Familien-, Bekannten- und Freundeskreis. Ich komme mir vor wie ein Idiot. Wie ein Spinner dem mal eben so richtig mitten in die Fresse rein geschlagen wurde.

Kommunikationsprobleme

Ich muss damit leben. Ich muss akzeptieren. Ich komme darüber hinweg. Einen weiteren Monat gefangen in der Spirale der Chemotherapie. Aber was bleibt ist die Frage nach dem warum? Wo liegt der Hund begraben? Ich orte ihn in einer unzureichenden Kommunikation. Alle Anzeichen standen auf Abschluss. Nach der dritten Konsolidierung wurde ich verabschiedet. Ich habe keinen neuen Termin für einen Folgezyklus erhalten wie davor sonst üblich. Alle Anzeichen standen auf Abschied. Einen schriftlichen Ablauf meiner Chemotherapie habe ich nie erhalten. Zu Beginn hieß es das nach einer Induktionsphase im Normalfall drei bis fünf Konsolidierungen folgen. In meinem Fall sollen es drei sein. Zumindest erinnere ich mich so daran. Auch in meinem Familienkreis wäre nichts anderes wahrgenommen worden. Während der laufenden Therapie wurde der Plan nicht angepasst bzw. wurde es mir zumindest nicht kommuniziert.

Die Kommunikationsprobleme bewahrheiten sich

Im Endeffekt hat sich meine Vermutung der mangelnden Kommunikation kurze Zeit später bewahrheitet. Das Behandlungsschema für meine Erkrankung wurde vor einiger Zeit geändert. In der Vergangenheit wurden höhere Dosen an Zytostatika bei einer geringeren Anzahl an Zyklen verabreicht. Aufgrund dieser Tatsache kam es leider zu einem Missverständnis und ich wurde nicht rechtzeitig über die Änderung informiert. Aber lassen wir die Details. Ich kann die Dinge nicht ändern und muss sie akzeptieren. Die Sache ist ärgerlich aber wenn am Ende das Ergebnis passt und das Rezidivrisiko weiter reduziert wird nehme ich das an. Es sind ja „nur“ drei weitere Wochen, im großen Bild nichts dramatisches, ich bin also nochmals mit einem blauen Auge davongekommen.

Kannst du helfen?

Wenn du selbst etwas Gutes tun willst, dann kannst du gerne an eine der diversen Krebsorganisationen spenden. Der Verein  Geben für Leben hat sich z.B. der lebensrettenden Stammzellenspende für Krebspatienten mit Leukämie verschrieben. Dieser Verein führt u.a. Typisierungen für Stammzellenspender_innen durch. Dort kannst auch du dich registrieren und vielleicht Lebensretter_in werden.  Die  Österreichische Krebshilfe ist eine zentrale Anlaufstelle generell zum Thema Krebs.

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1 Kommentare

Anonymous 20. Mai 2023 - 18:27

Servus, Du bist weder Idiot noch Spinner……..der von Dir geschriebene Text birgt auch die Konklusio!
Meine Gedanken sind bei Dir. Liebe Grüße. Dein Vater

Antwort

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