Eine der häufigsten Fragen die ich in Bezug auf meine Packliste höre ist jene nach dem Kocher. „Da fehlt doch ein Kocher in der Liste?“. Diese und ähnliche Fragen höre ich oft.
Auf meinen ultraleichten Weitwandertouren entscheide ich mich bewusst gegen einen Kocher. Wieso erfahrt ihr in diesem Artikel.
Meine Anfänge mit Gaskocher
Recht klassisch hatte ich auf meinen ersten Touren meist einen kleinen Gaskocher inkl. Schraubkartusche sowie einen kleinen Topf im Gepäck. Daneben einen Windschutz und ein kleines Feuerzeug oder Streichhölzer.
Das schien mir damals ein vertretbarer Kompromiss zwischen zusätzlichem Gewicht und Komfort. Schnell hat sich für mich persönlich aber gezeigt, dass ich nach langen Tagen oft nicht die Nerven dazu hatte lange zu kochen. Mit müden Knochen, am Boden kauernd auf kochendes Wasser zu warten war mir oft zu unbequem. Schon gar nicht wollte ich zu Mittag und Abend kochen. Die Zeit auf Tour war mir zu kostbar als um sie für die Essenszubereitung zu verschwenden. So endeten viele Tage damit, dass ich nicht gekocht habe. Im Endeffekt habe ich meist unnötig Nahrung im Rucksack transportiert welche nicht gegessen wurde. Durch den Wegfall dieser für die Tage geplanten Nahrungsmittel war meine Kalorienbilanz negativ.
Die Reinigung der Töpfe war ebenfalls immer ein leidiges Thema. Fett und Verkrustungen sind schwer zu entfernen. Im Sinne der Ökologie und „Leave no Trace“ kommt Spülmittel auf Tour nicht in Frage. Der Transport verschmutzter Töpfe ist Geschmackssache. Meinen Geschmack traf es nicht.
Zischende Gaskartuschen, entweichendes Gas, halbleere Gaskartuschen und die Frage der Entsorgung bzw. der Beschaffung von Ersatz auf Tour. Die Liste der Nachteile ist dabei noch nicht komplett. Mit der Option Gaskocher wurde ich nie wirklich warm.
Umstieg auf Spiritus
Im Sinne des Ultraleicht-Gedankens wagte ich den Schritt von Gas auf Spiritus. Leichtere Kocheroptionen, besser rationierbarer Brennstoff und der Vorteil der Verfügbarkeit von Spiritus in entlegenen Gegenden gegenüber Schraubkartuschen schienen mir vernünftige Argumente zu sein.
Die Grundproblematiken des Kochens blieben beim Spiritusbrenner dieselben. Spiritus ist zwar gut zu portionieren, die Angst aufplatzender Transportgefäße (leere Faltflasche Capri-Sonne in meinem Fall) legte sich bei mir jedoch nicht. Die Gefahr des Verschüttens und das Hantieren mit offenem Feuer machte Spiritus für mich nicht sicherer als Gaskartuschen.
Spiritus kam bei mir nicht oft zum Einsatz.
Nachteile eines Kochers
- Zusätzliches Gewicht des Kochers und der notwendigen Utensilien.
- Zusätzliches Packvolumen durch Kocher und der Utensilien.
- Zeiterfordernis durch das Kochen sowie den Auf- und Abbau des Kochsystems.
- Reinigung verschmutzter Töpfe und Essgefäße bzw. Transport verschmutzter Töpfe und Essgefäße.
- Gefahr von Verbrennungen an Körper oder Ausrüstungsgegenständen.
- Gefahr durch offenes Feuer Brände auszulösen.
- Tierproblematik; intensiverer Geruch lockt Nager oder auch größere Säuger wie z.B. Bären stärker an.
- Portionierung bei der Zubereitung. Der „Hunger muss schon vor der Zubereitung bekannt sein. Bereits zubereitete Gerichte müssen gegessen werden, da sich sonst die Frage der Entsorgung stellt.
Daraus ergeben sich umgekehrt Vorteile ohne Kocher.
Vorteile ohne Kocher
- Geringeres Gewicht ohne Kocher und Utensilien.
- Geringeres Packvolumen ohne Kocher und Utensilien.
- Zeitersparnis durch Wegfall der Zubereitung von Speisen.
- Mehr Zeit für das Wandern, dadurch längere Distanzen möglich.
- Keine Gefahr von Verbrennungen.
- Keine Gefahr durch offenes Feuer (z.B. Waldbrände).
- Weniger intensive Nahrungsgerüche; Tiere werden weniger angelockt.
- Kein nerviges Abwaschen und kein Transport verschmutzter Töpfe.
- Nicht gekochte Lebensmittel können besser portioniert werden da die Zubereitung wegfällt.
Umstieg auf Cold Soaking
Als ich 2017 auf dem Pacific Crest Trail (PCT) startete befand sich wieder mein klassisches Setup mit kleinem Gaskocher und Titantopf in meinem Rucksack. Ein Unterfangen wie den PCT ohne Kocher bzw. warmes Essen zu erwandern schien mir fahrlässig zu sein. Bereits auf den ersten Etappen bewahrheiteten sich meine ursprünglichen Erfahrungen mit dem Gaskocher. Nach langen Tagen will ich nicht kochen. Ich möchte mein Camp so schnell wie möglich aufstellen und so schnell wie möglich die notwendige Ruhe und Erholung finden. Mein Kocher-Setup war also schnell totes Gewicht. Gerichte schleppte ich unnötig mit mir herum und meine Kalorienbilanz war dadurch negativ.
Auf dem PCT bzw. den amerikanischen Weitwanderwegen praktizieren viele Wanderer das sogenannte „Cold Soaking“. Dabei wird trockene Nahrung mit Wasser vermengt und in geschlossenen Behältern eingeweicht. Die Ergebnisse sind mehr oder weniger genießbar. Als Gefäße werden meist leere Gelato-Bars (Eisbehälter aus Kunststoff mit Schraubverschluss) verwendet. Typische Gerichte die sich auf diese Art zubereiten lassen sind beispielsweise Couscous, Ramen-Nudeln und Kartoffelpüree (Mashed Potatoes). Da beim Cold Soaking die Zubereitung passiv während des Wanderns erfolgt (einweichen im Behälter im Rucksack) spart diese Methode eine Menge Zeit.
Ich habe also mein Gaskocher-Setup kurz nach Start auf dem PCT aus meinem Rucksack entfernt und bin auf Cold Soaking umgestiegen. Einweichen während des Tages, abends Camp errichten, aufgeweichtes Hauptgericht verschlungen, Behälter grob mit Wasser gespült, Deckel drauf, ab ins Bett und der Tag ist Geschichte.
Auch auf weiteren Touren hat mich das Cold Soaking von da an begleitet. Auf Gas, Spiritus oder andere Brennstoffe habe ich von da an nicht mehr zurückgegriffen.
Ganz ohne geht es auch
Tage, Wochen oder gar Monate immer die gleichen, eingeweichten Gerichte zu verzehren funktioniert. Es erfüllt den groben Zweck der Energiebereitstellung. Spätestens nach der hundertsten lauwarmen, eingeweichten Ramen-Suppe muss aber auch ein harter Minimalist zugestehen, dass Cold Soaking Mittel zum Zweck und keine Leidenschaft ist.
Es stellt sich mir unweigerlich die Frage: „Gibt es kein anderes Mittel zum Zweck?“. Nämlich die simple Bereitstellung von Energie für den Körper. Die gibt es. Ich behaupte dem Körper ist es egal ob die Energie in gekochter oder ungekochter Form zugeführt wird. Weich oder fest. Kalt oder warm. Geschmacklich gut oder schlecht. Energie ist Energie bzw. eine Kalorie ist eine Kalorie.
Ich habe mich also von der Vorstellung gelöst, dass Nahrung mittags und abends in Form einer Hauptspeise zugeführt werden muss. Das macht alles viel flexibler. Die ohnehin schon minimalistische Ausrüstung fürs Cold Soaking fällt weg. Ein immer gammliger werdender Eisbehälter ist nicht mehr notwendig. Der Rucksack wird leichter, das Packvolumen geringer.
So schließt sich der Kreis und wir kommen zu einer weiteren der am häufigsten geäußerten Fragen die ich in Bezug auf ultraleichtes Weitwandern höre: „Und was isst du dann auf Tour?“.
Die Antwort auf diese Frage rechtfertigt einen eigenen Beitrag. Kann aber auch umrissen werden. Möglichst leichte, hochkalorische Nahrung. Möglichst haltbar, Temperatur unempfindlich. Mindestens geschmacklich ertragbar. Was unterwegs leicht verfügbar ist.
Das kann beispielsweise (aus Sicht eines Vegetariers) folgendes sein: Energieriegel (Snickers, Clif Bar, usw.), Kekse (z.B. Orio, American Cookies, usw.), Cracker (z.B. salzige Kekse, Käsekekse, usw.), diverse Chipsvariationen oder ähnliche Snacks, Nüsse, Studentenfutter, M&Ms, Trockenfrüchte, Gummibären, Brot, Käse, Aufstriche, Tortillas, Erdnussbutter, Müslimischungen oder Porridge und vieles mehr. Produkte in kleinen Packungseinheiten oder Gebinden bevorzuge ich zur besseren Portionierung.
Wer aufmerksam durch den Supermarkt seiner Wahl schlendert wird überrascht sein wie viele Produkte sich zur einfachen und schnellen Ernährung auf Tour anbieten.
Denn schließlich erinnern wir uns am Ende unseres Lebens an die Eindrücke auf den Trails dieser Welt und nicht an die Stunden die wir im Camp am dreckigen Boden kniend Bohnen und Reis gekocht haben.
4 Kommentare
Guter Beitrag, deine Überlegungen zum Thema „Kochen oder nicht“ haben wir auch schon häufig geführt. Das Coldsoaking wäre nix für mich, aber man kann auch eine Zeit gut nur mit Nüssen, Sonnenblumenkernen und Cräckern überstehen. Pemikan ist auch sehr gehaltvoll. Aber ohne Kaffee am Morgen und heißem Tee am Abend geht es nicht, finden wir – vor allem nicht in Schottland! 😁
Probieren geht über studieren. Cold soaking einfach mal auf kurzer Tour ausprobieren, vielleicht liegt es dir mehr als du denkst 🙂
Und klar das Thema mit dem Kaffee am Morgen. Viele können ja nicht ohne. Da habe ich den Vorteil das ich Kaffee nicht besonders mag 🙂
Hallo!
Ramennudeln (Industriell hergestellt und riechen meist merkwürdig) klingt nicht sehr gesund. Cookies, salzige Kekse, Schokoriegel und Chips zählt auch alles eher zu Junkfood…
Wäre Rohkost und Obst da nicht deutlich besser?Was spricht aus deiner Sicht dagegen?
Liebe Grüße, Tom
Hi Tom, schön zu lesen dass du dir um eine gute Ernährung Gedanken machst. Im Alltag lege ich ebenfalls sehr viel Wert auf eine gesunde, ausgewogene, vollwertige, vegane Ernährung. Du hast absolut recht und die genannten Nahrungsmittel sind tatsächlich nicht unbedingt die gesündesten und idealsten wenn es um Ernährung geht. Der Vorteil von diesen Produkten ist der, dass sie eigentlich überall erhältlich sind. Auch im kleinsten Dorfladen in der Pampas wirst du Chips, Kekse und Schokoriegel finden. Die Auswahl ist also einerseits der leichten Verfügbarkeit geschuldet. Weite Umwege in vollwertige Supermärkte sind für mich und meinen Ansatz des Weitwanderns (fast & ultralight) meist nicht vereinbar. Ich muss also auf das zurückgreifen was es gibt. Ein anderer wichtiger Grund der für die genannten Produkte spricht ist der hohe Brennwert (Kalorienwert) bei einem meist geringen Gewicht. All diese Produkte haben einen sehr geringen Anteil an Wasser, sind also sehr trocken. Hohe Wasseranteile in Lebensmitteln sind für ultraleichte Touren unverhältnismäßig schwer. Wasser ist leider schwer, hat aber im Gegenzug keinen Brennwert.
Wenn du also einen Sack Äpfel auf Tour mitnimmst, dann mag das in einigen Aspekten vielleicht gesünder sein als eine Packung Kekse, dafür hast du ein deutlich höheres Gewicht bei einer viel geringeren Kaloriendichte dabei.
Frisches Obst und möglichst Gesundes gibt es bei mir auf Tour immer sobald es verfügbar ist. Wenn ich also in ein Dorf komme, dann gibt es bei mir meist direkt 1-2 frische Orangen und 1-2 Bananen und was mein Körper noch so verlangt. Das ist zwar lediglich eine temporäre Substitution aber befriedigt zumindest mein Gewissen :).
Ein Vorteil von weiten Wandertouren ist immerhin der, dass dein Kalorienumsatz sehr hoch ist und du auch bei ungesunder Ernährung eher nicht zunimmst (meist sogar an Gewicht verlierst). Übrigens supplementiere ich seit einiger Zeit tlw. auch auf Tour z.B. via Tabletten.
Das alles ist natürlich wie immer mein Ansatz. Wenn du also auf frisches Obst nicht verzichten kannst, nimm ruhig 1-2 Stück aus dem Dorf mit und sieh diese als Belohnung nach einem anstrengenden Tag an.